Kritik zu RemembeRing (Theater La Senty Menti) von Esther Spiegel

Liora Hilb (Foto: Theater La Senty Menti)


verschwiegen und mitgetragen


„Ringlein, Ringlein du musst wandern, von dem einen zu dem andern.“. Eine persönliche und vielschichtige Ring-Parabel war am 2. Festivaltag des Theaterfestivals „Luaga und Losna“ vom Theater La Senty Menti zu sehen. Liora Hilb erzählt die Geschichte ihrer jüdisch-deutschen Familie. Sie stellt Fragen, sie sucht, sie erinnert. Gemeinsam mit Miriam Locker (Co – Autorin und Dramaturgin), David Kirchner (Musik), Cornelia Falkenhan (Bühne, Kostüm) und ihrer schauspielenden Tochter Stella Hilb entwickelt die Theatermacherin eine zeitgemäße Holocaust Inszenierung für Jugendliche ab 13 Jahren.



Der Ring gehört Jenny, Liora Hilbs Großmutter. Sie wurde 1943 nach Auschwitz deportiert, aber darüber wird nicht gesprochen. „Besser ist, wenn du nix weißt“, heißt es im Untertitel des Stücks.

Mit diesem Ring wird ein Familiengeheimnis der Familie Hilb mitgetragen, von Generation zu Generation, bis jemand dieses Schweigen bricht und Antworten sucht. Liora Hilb erzählt sich und spielt sich. Sie versucht ihre Holocaust-Geschichte nicht moralisierend zu erzählen. Häufig wirkt sie etwas distanziert, spielt mit jugendlicher Coolness, dann wieder mit übertrieben und bildbesetzten Bewegungen, die an manchen Stellen jedoch emotional irritierend sind.

In Monologen erzählt Liora Hilb von Kindheitsjahren in Israel. Sie erinnert sich an den Umzug nach Deutschland, wie für sie die Worte Reich und Sieg aus deutschen Namen hervorstechen, welches Essen es gibt, wie ihr selbst in der fremden Sprache als Identitätskategorie nur der eigene Name übrig bleibt. Die Fragen: „Welche Sprache sprichst du?“ „Wie alt bist du?“ „Woher kommst du?“ usw. beantwortet sie mit Liora Hilb, Liora Hilb, Liora Hilb.

Zwischen der Erzählung gibt es Videoeinspielungen von Stella Hilb. Jugendliche unterschiedlicher Herkunft erzählen ihre Geschichten. In weiteren in die Inszenierung eingebauten Filmen werden von Stella Hilb Interviews über Stolpersteine für Holocaust Opfer nachgespielt. Es entsteht dadurch ein Dialog zwischen Menschen unterschiedlicher Generationen, Kulturen und Religionen. In vielen Stimmen wird von und über Geschichte(n) gesprochen.

Vielschichtig wird remembeRING auch durch die Erzählebenen. Auszüge aus Archivmaterial, persönlichen Kindheitserinnerungen und Videos werden verwoben. Bruchstückhaft und fragmentarisch fügen sich Elemente ineinander, als Liora Hilb verschiedene auch konjunktivische Versionen über die Wanderung des Ringes erzählt mischen sich Fakt und Fiktion und immer wieder spielt die Geschichte vor und hinter einem herabhängenden, weißen Stoffstück. Die Verschleierung und das Weiß sprechen für sich. Es gibt Öffnungen in diesem Vorhang und einen Raum dahinter, einen Erinnerungsraum –

remebeRING ist ein verdichtetes, komplexes Stück, das zum Aufdecken und Suchen von eigenen Familiengeschichten animiert.

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